LG Münster Urteil – 23.05.2024 12 O 204/23

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Date05 August 2019
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BGB §§ 133, 157, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 823 Abs. 2; StGB § 291
1. Die Baustelleneinrichtung umfasst z. B. die Lagerung von Geräten und Maschinen, das Aufstellen von Containern zur Unterbringung von Arbeitskräften, witterungsempfindlichen Bau- und Bauhilfsstoffen, Ersatzteilen und Ähnlichem sowie Lager- und Verkehrsflächen.
2. Nicht zur Baustelleneinrichtung gehören die Bauarbeiten als solche, das heißt auch nicht die Erstellung von Brunnen, Bohrungen oder Leitungsverlegung zur Wasserhaltung.
LG Münster, Urteil vom 23.05.2024 – 12 O 204/23

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.


Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch.

Der Beklagte ist Pächter des Grundstücks Gemarkung ### zur Größe von 4.718 qm. Seitens der Klägerin bestand im Jahre 2020 die Planung, auf dem danebenliegenden Nachbargrundstück ein Pumpwerk zu errichten. Während der betreffenden Baumaßnahme wollte die Klägerin eine Teilfläche des Pachtgrundstück nutzen. Hierzu trat die Klägerin im Juli 2020 durch ihre Mitarbeiterinnen, die Zeuginnen ### und ###, an den Sohn des Beklagten, den Zeugen ###, heran, der als Vertreter des Beklagten fungierte. Der konkrete Inhalt der geführten Gespräche ist zwischen den Parteien streitig.

Am 20.04.2021 übersandte die Zeugin ### dem Zeugen ### einen Lageplan der seitens der Klägerin beabsichtigten Baustelleneinrichtungsfläche und einer beabsichtigten Baustraße auf dem Pachtgrundstück des Beklagten (vgl. Anlage K 1).

In Telefonaten am 14.12.2021 und 21.12.2021 teilte der Zeuge ### dem Zeugen ### mit, dass die Baumaßnahme im Januar 2022 beginne und bot – da die Bauzeit somit in die Phase der landwirtschaftlichen Nutzung der Fläche ab April 2022 fiel – eine Entschädigungszahlung in Höhe von 1.000,00 EUR an. Zu einer Vereinbarung über die Höhe der zu zahlenden Entschädigung kam es in den Telefonaten jedoch nicht.

Am Tage des Beginns der Baumaßnahmen, dem 04.01.2022, untersagte der Beklagte durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten unter Zuhilferufen der Polizei deren Fortführung, da auf der Fläche des Beklagten durch die klägerseits beauftragten Unternehmen Bohrarbeiten vorgenommen wurden. Für die näheren Einzelheiten wird hierzu auf die Anlage K 3 zur Klage Bezug genommen. Das von der Klägerin beauftragte Unternehmen Firma ### räumte daraufhin die Baustelle. Mit Schreiben vom gleichen Tage zeigte die Firma ### gegenüber der Klägerin eine Behinderung laut § 6 VOB/B an (vgl. Anlage K 3).

Mit Schreiben vom 19.01.2022 (Anlage K 4) forderte der Beklagte von der Klägerin eine Entschädigung für die Nutzung der Teilfläche in Höhe von 17.920 Euro zuzüglich einer Neueinsaat mit Grünroggen.

Mit Anwaltsschreiben vom 25.01.2022 (Anlage Bl. 74 d.A.) bot die Klägerin dem Beklagten „zur Erledigung der Angelegenheit“ den Abschluss eines schriftlichen Nutzungsüberlassungsvertrags an.

Am 01.02.2022 schlossen die Parteien, nachdem zwischenzeitlich auch die Eigentümer der Fläche ihre Zustimmung erteilt hatten, sodann einen Nutzungsüberlassungsvertrag, wonach der Beklagte der Klägerin die Nutzung einer ca. 640 m² großen Teilfläche gegen eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro für einen Zeitraum vom 03.01.2022 bis zum 31.08.2022 gestattete. § 4 des Vertrages regelt:

„Die erforderliche Fläche von ca. 640 m2 wird wie folgt genutzt:

– Abtragung Oberboden mit Grasnarbe

– Einbau Trennvlies/Folie

– Einbau verdichtetes Schottermaterial (ca. 25-30 cm stark)

– anschließender Rückbau von Schotter und Trennvlies

– Wiedereinbau Oberboden

Die Fläche dient der Baustelleneinrichtung (insbesondere Bau- und Personalcontainer, Materiallagerung) und dem erforderlichen Platzbedarf zur Herstellung des Bauwerks selbst.

Des Weiteren liegt die für die Erstellung des Pumpwerkes erforderliche Baugrube zu einem geringen Teil auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche und der temporäre Grundwasserbrunnen, der für die Absenkung des Grundwassers während der Baumaßnahme erforderlich ist.“


Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.

Unter dem 27.04.2022 stellte die Firma ### der Klägerin einen Betrag in Höhe von 57.222.35 Euro für den Zeitraum des Baustillstandes im Januar 2022 in Rechnung (Anlage K 6). Die Klägerin zahlt hierauf am 01.06.2024 einen Abschlag in Höhe von 20.000 Euro (Anlage K 7). Nach Verhandlungen mit der Klägerin stellt die Firma ### am 10.06.2024 eine geänderte Rechnung über nur noch 42.500 Euro (Anlage K 10). Am 14.06.2024 zahlt die Klägerin daraufhin weitere 22.500 Euro an die Firma ### (Anlage K 7).

Mit Anwaltsschreiben vom 14.08.2022 forderte die Klägerin den Beklagten zur Erstattung des Betrages von 42.500 Euro auf (Anlage K 8).

Mit Anwaltsschreiben vom 16.08.2022 wies der Beklagte die Forderung zurück (vgl. Anlage K 9).

Die Klägerin behauptet, dem Zeugen ### sei im Juli 2020 durch die Zeuginnen ### und ### mitgeteilt worden, dass eine Teilfläche von ca. 600 qm als Baustelleneinrichtungsfläche für die Erstellung einer Pumpstation auf dem Nachbargrundstück für ca. ein halbes Jahr benötigt werde, der Zeitpunkt für den Beginn der Maßnahme jedoch noch nicht genau feststehe. Der Zeuge habe sich mit dieser temporären Nutzung einverstanden erklärt, die außerhalb der Zeiten der landwirtschaftlich aktiven Nutzung entschädigungsfrei erfolgen könne, und ansonsten gegen Entschädigung eines etwaigen Ernteausfalles. Die Baustelleneinrichtung zur Errichtung eines Pumpwerks erfasse auch Kanalisation, so dass bekannt gewesen sei, dass gebohrt werde. Auf Nachfrage habe der Zeuge ### dabei erklärt, dass eine schriftliche Vereinbarung aus seiner Sicht nicht erforderlich sei.

Nach Erhalt der E-Mail vom 20.04.2021 habe der Zeuge ### der Klägerin mitgeteilt, dass die Klägerin wegen der aktuellen landwirtschaftlichen Nutzung und laufender Anträge bei der Landwirtschaftskammer erst frühestens ab dem 26.07.2021 zu einer Nutzung der Fläche berechtigt sei. In den Telefonaten am 14.12.2021 und 21.12.2021 habe der Zeuge ### die Berechtigung zur Nutzung der Fläche nicht von einer Einigung über die Höhe der Entschädigung abhängig gemacht. Die Baumaßnahme könne erfolgen, über die Entschädigung werde man sich schon einig. Am 04.01.2022 habe der Zeuge ### noch im Zuge des Beginns der ersten Vorarbeiten gegenüber dem Zeugen ### sinngemäß mitgeteilt, dass klar sei, dass das von der Klägerin beauftragte Unternehmen Firma ### „auf die Fläche dürfe“. Durch das rechtswidrige Verhalten des Beklagten sei ihr ein Schaden in Höhe der an die Firma ### gezahlten 42.500 Euro entstanden. Die Berechnungsgrundlage der Rechnung vom 27.04.2022 (Anlage K 6) ergebe sich aus dem Anlagenkonvolut K 11, in dem die Ausfallzeiten unter Angabe der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter gelistet und die Kosten für die einzelnen, vom Baustillstand betroffenen Maschinen und Geräte sowie für die Baustelleneinrichtung und sonstige Gerätschaften beziffert seien.

Die Klägerin meint, der Beklagte sei zur Duldung der Bauarbeiten ab dem 04.01.2022 verpflichtet gewesen, da zwischen den Parteien ein Nutzungsüberlassungsvertrag zustande gekommen sei und der Beklagte einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen haben, zu dem er sich nicht in Widerspruch habe setzen dürfen (§ 242 BGB, venire contra factum proprium). Daher habe der Beklagte den durch den vom ihm verursachten Baustillstand entstandenen Schaden zu erstatten. Die Schadenspositionen seinen in dem Anlagenkonvolut K 11 nachgewiesen. Einer Anzeige der Ausübung des ebenfalls bestehenden Hammerschlagsrechtes gem. § 24 NachbarG NRW habe es nicht mehr bedurft, da dieses durch die Zusage des Beklagten, die Teilfläche nutzen zu dürfen, bestätigt gewesen sei. Die Geltendmachung und Anzeige des Hammerschlagsrechts sei jedoch konkludent mittels der E-Mail vom 20.04.2021 (Anlage K 1) erfolgt. Eines Schlichtungsverfahren gem. § 53 JustG-NW habe es nicht bedurft, da die Klägerin kein Duldungsrecht aus den Regelungen des Nachbarrechtsgesetzes NRW reklamiere, sondern Schadenersatz aus einem Nutzungsvertrag verlange. Überdies bestehe eine Schadenersatzpflicht wegen Wuchers gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 291 StGB. Hierzu behauptet der Beklagte, ausweislich der von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Richtlinien (Anlage K 2) belaufe sich der Aufwuchsschaden für Roggen auf der streitgegenständlichen Teilfläche auf nur 131,20 Euro bis 165,76 Euro.


Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 42.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p.a. seit dem 17.08.2023 zu zahlen.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.


Der Beklagte behauptet, in den Gesprächen mit dem Zeugen ### sei es lediglich um eine kurzfristige Nutzung der Teilfläche für einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen zu Lagerzwecken gegangen. Hierzu habe eine grundsätzliche Bereitschaft bestanden. Eine konkrete Genehmigung sei jedoch nie erfolgt. Eine erbetene schriftliche Vereinbarung habe die Klägerin nie übersandt. Der Beklagte hätte einer monatelangen Nutzung der Fläche unter vorheriger Abtragung des Oberbodens, des Aufbringens von Schotter und der Vornahme von Bohrungen auch nicht zugestimmt, jedenfalls nicht ohne schriftliche Vereinbarung, zumal er nicht Eigentümer der Fläche sei. Eine Rekultivierung nach einer solchen Baumaßnahme dauere erfahrungsgemäß mehrere Jahre, führe zu nachhaltigen Ernteausfällen und ggf. zu Schadensersatzansprüchen des Eigentümers bei entsprechender Rückgabe durch einen Pächter. Anfang Januar 2022 hätten dann, ohne dass dies Gegenstand der Gespräche gewesen sei, Bohrungen auf dem Grundstück der Beklagten stattgefunden. Der Schadenersatzanspruch werde auch der Höhe nach bestritten.

Der Beklagte meint, die Klage sei bereits unzulässig, da entgegen §§ 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGZPO, 53 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) JustG-NW kein Schlichtungsverfahren durchgeführt worden sei, obschon Gegenstand des Rechtsstreits (auch) das Hammerschlagsrecht gem. § 24 NachbarG NRW darstelle. Die durch die Beklagte Anfang Januar 2022 ausgeführten Arbeiten seien nicht vom Hammerschlags- und Leiterrecht des Nachbarschaftsrechts NRW gedeckt. Bis zum Abschluss des Nutzungsüberlassungsvertrags (Anlage K 5) habe keinerlei Duldungspflicht des Beklagten hinsichtlich der vorgenommenen Baumaßnahmen bestanden. Da die Parteien den Nutzungsüberlassungsvertrag zur Erledigung der Angelegenheit geschlossen hätten, verstoße die Schadenersatzforderung der Klägerin gegen Treu und Glauben, § 242 BGB. Der Vortrag der Klägerin zur Anspruchshöhe sei unsubstantiiert.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 e) JustG-NW war nicht erforderlich. Danach ist zwar in Streitigkeiten über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen geregelten Nachbarrechte die Erhebung einer Klage erst zulässig, nachdem von einer in § 55 JustG-NW genannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Die obligatorische Streitschlichtung gilt demnach u.a. für Streitigkeiten über Hammerschlags- und Leiterrechte gem. §§ 24 ff. NachbG-NW (BeckOK GVG/van der Grinten, 22. Ed. 15.2.2024, JustG-NW § 53 Rn. 21). Ziel der Regelung ist die Entlastung der ordentlichen Gerichte; dies gebietet eine strenge Handhabung der Bestimmung (vgl. Anders/Gehle/Schmidt, 82. Aufl. 2024, EGZPO § 15a Rn. 2). Zahlungsansprüche, die aus nachbarrechtlichen Ansprüchen abgeleitet sind, fallen aber jedenfalls dann nicht unter die Vorschrift, wenn die Schlichtung in dem betreffenden Bundesland – wie etwa in NRW – für solche Ansprüche nicht eingeführt ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 2016 – V ZR 96/15; Heßler in: Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 15a EGZPO, R. 2). Um solche Zahlungsansprüche geht es vorliegend allerdings.

II.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 42.500,00 Euro nebst Zinsen. Ein derartiger Anspruch ergibt sich insbesondere nicht gem. § 280 Abs. 1 BGB. Die Kammer vermochte eine Haftung insoweit weder dem Grunde, noch der Höhe nach festzustellen. Ferner haftet der Beklagte der Klägerin nicht gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 291 StGB.

1. Der Beklagte haftet der Klägerin nicht gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer bereits vor dem Beginn der Baumaßnahme (unterstellt) mündlich geschlossenen Vereinbarung, nach der der Beklagte die Nutzung der Fläche zur Ausführung der tatsächlich vorgenommenen Arbeiten gestattet hat.

Es fehlt bereits an der schlüssigen Darlegung eines diesbezüglichen Vertragsschlusses durch die Klägerin. Die Klägerin hat vorgetragen, dass Gegenstand der Gespräche zwischen den Parteien eine Nutzung der Fläche als „Baustelleneinrichtung“ für die Erstellung einer Pumpstation war. Tatsächlich hat die Klägerin am 04.01.2024 Bohrungen auf der Fläche des Beklagten begonnen, um hier eine Brunnenanlage zu errichten und unterirdische Stahlrohrleitungen im Rahmen von Wasserhaltungsmaßnahmen zu verlegen. Den diesbezüglichen Vortrag des Beklagten hat die Klägerin nicht bestritten. Er stimmt auch mit dem Inhalt der klägerseits vorgelegten Anlage K 3 überein. Eine derartige Nutzung ist unstreitig nicht ausdrücklich Gegenstand der Gespräche der Parteien gewesen. Soweit die Klägerin meint, die nach ihrem Vortrag besprochene „Baustelleneinrichtung“ umfasse auch diese Arbeiten, so teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Die Baustelleneinrichtung umfasst etwa die Lagerung von Geräten und Maschinen, das Aufstellen von Containern zur Unterbringung von Arbeitskräften, witterungsempfindlichen Bau- und Bauhilfsstoffen, Ersatzteilen und Ähnlichem sowie Lager- und Verkehrsflächen. Sie umfasst aber nicht die Bauarbeiten also solche, d.h. auch nicht die Erstellung von Brunnen, Bohrungen oder Leitungsverlegung zur Wasserhaltung. Soweit die Klägerin die Pachtfläche des Beklagten auch insoweit nutzen wollte, hätte sie dies konkret zum Gegenstand der Gespräche machen müssen. Aus dem im April 2021 übersandten Lageplan (Anlage K 1) sind nur die Baustelleneinrichtungsfläche an sich sowie die Lage einer Baustraße ersichtlich. Ein Grundwasserbrunnen oder Rohrleitungen sind auf der Fläche des Beklagten gerade nicht vermerkt.

Dass die Parteien diese Arbeiten ebenfalls nicht als Teil der Baustelleneinrichtung verstanden haben, zeigt sich indiziell auch in der nachfolgend abgeschlossenen Vereinbarung vom 01.02.2022 (Anlage K 5). In dieser wird gem. § 4 gerade differenziert zwischen der Baustelleneinrichtung (insbesondere Bau- und Personalcontainer, Materiallagerung) und dem erforderlichen Platzbedarf zur Herstellung des Bauwerks einerseits sowie zwischen der des weiteren erforderlichen Erstellung der Baugrube und dem temporären Grundwasserbrunnen auf den Flächen des Beklagten andererseits.

Einer Beweisaufnahme dazu, ob zwischen den Parteien bereits eine Vereinbarung zustande gekommen war, oder ob sie sich noch im Vorfeld eines Vertragsschlusses befanden, war danach nicht durchzuführen.

2. Aus den gleichen Erwägungen haftet der Beklagte der Klägerin nicht gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB, sofern die Parteien sich am 04.01.2022 noch im Bereich vor Abschluss eines Nutzungsvertrages befunden haben. Die tatsächlich ausgeführten Maßnahmen waren gerade nicht Gegenstand der Verhandlungen der Parteien.

3. Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht gem. § 280 Abs. 1 in Verbindung mit Rechten aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, hier § 24 NachbarG NRW (vgl. grds. Peter Kieß, in: Jeromin/Klose/Ring/Schulte Beerbühl, Stichwort-Kommentar Nachbarrecht, 1. Auflage 2021, Hammerschlags- und Leiterrecht, Rn. 35). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin dem Beklagten die Ausübung des Hammerschlagsrechts schriftlich angezeigt hat, §§ 24 Abs. 3, 16 NachbarG. Die Anzeige hat über das Formelle hinaus auch eine materielle Bedeutung. Sie ist Voraussetzung für die Ausübung des Rechts (Peter Kieß, in: Jeromin/Klose/Ring/Schulte Beerbühl, Stichwort-Kommentar Nachbarrecht, 1. Auflage 2021, Hammerschlags- und Leiterrecht, Rn. 19). Diesbezügliche Ausführungen sind insbesondere der E-Mail vom 20.04.2021 (Anlage K 1) nicht zu entnehmen. Ferner ist der E-Mail auch nicht zu entnehmen, dass die Klägerin Arbeiten im Erdreich der Pachtfläche des Beklagten auszuführen gedenkt, was erforderlich gewesen wäre, um dem Beklagten eine Inanspruchnahme seiner Rechte gem. §§ 24 Abs. 3, 17 NachbarG NRW zu ermöglichen. Schließlich überschreiten die tatsächlich ausgeführten Maßnahmen auch den Umfang des Hammerschlagsrechts gem. § 24 NachbarG NRW. Danach werden Eingriffe in die Bodensubstanz nicht mitumfasst (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22. Juni 1978 – 5 U 78/78; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Juli 1991 – 9 W 79/91; aA OLG Köln, Urt. vom 20. Mai 2021 – 18 U 17/20 – nicht rechtskräftig).

4. Selbst soweit entgegen der vorstehenden Ausführungen eine Haftung des Beklagten gem. § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach bestünde, hat die Klägerin jedoch nicht substantiiert dargelegt, dass ihr ein Schaden in der eingeklagten Höhe von 42.500 Euro entstanden ist.

Denn hierzu müsste die Kammer auf Grundlage der klägerischen Darlegungen feststellen können, dass seitens der Firma ### ein Anspruch gegenüber der Klägerin über (mindestens) 42.500 Euro bestand. Dies ist der Kammer jedoch nicht möglich.

Zunächst vermag die Kammer einen Anspruch der Firma ### gegenüber der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht zu prüfen. Der Inhalt der vertraglichen Grundlagen zwischen der Klägerin und der Firma ### ist der Kammer nicht bekannt. Hierzu konnte die Klägerin auf Nachfrage im Termin zur mündlichen Anhörung auch keine Angaben machen. Die Kammer vermag danach z.B. nicht sicher festzustellen, ob es sich um einen VOB/B-Vertrag oder BGB-Werkvertrag handelt (hier besteht lediglich ein Indiz in der Anlage K 3), ob bei Vereinbarung der VOB/B diese wirksam erfolgt ist, ob und welche vertraglichen Fristen vereinbart waren und welche Vereinbarungen die Vertragsparteien sonst getroffen haben.

Die Kammer vermag weiter die Berechtigung eines Anspruchs der Firma ### gegenüber der Klägerin, soweit er dem Grunde nach festgestellt werden könnte, auch der Höhe nach nicht zu prüfen. So vermag die Kammer überhaupt nicht festzustellen, welche Maschinen und welches Personal, die in dem Anlagenkonvolut K 11 benannt werden, in welchem Zeitraum vor Ort waren und sein mussten bzw. nicht anderweitig verwendet werden konnten. Die Klägerin hat hierzu keine Darlegungen gemacht. Die Bezugnahme auf die Anlagen K 6 und K 11 reicht insoweit ersichtlich nicht aus, worauf auch der Beklagte schriftsätzlich hingewiesen hat. Dies gilt zumal angesichts dessen, dass ausweislich der Tagelohnzettel (Anlage K 11) die Mitarbeiter der Firma ### offenbar ausweichende Arbeiten am Betriebshof ausgeführt haben (vgl. Bl. 143, 144, 145 d.A.). Es ist nicht dargelegt, inwieweit dass im Rahmen der Schadensberechnung Berücksichtigung gefunden hat. Danach kann die Kammer nicht konkret feststellen, in welcher Höhe ein Schadenersatzanspruch der Firma ### gegenüber der Klägerin bestanden hat.

5. Selbst wenn man jedoch den Verweis der Klägerin auf die Anlage K 6 und K 11 für eine Schadensdarlegung ausreichen lassen würde, so hat die Klägerin doch, obschon der Beklagte die Höhe des entstandenen Schadens mehrfach bestritten hat, insoweit keinen Beweis angeboten und bliebe daher beweisfällig.

6. Schließlich hat die Klägerin auch keinen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 291 StGB. Zwar kommt § 291 StGB als Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht (Matt/Renzikowski/Wietz/Matt, 2. Aufl. 2020, StGB § 291 Rn. 1). Der Tatbestand des § 291 StGB ist vorliegend jedoch nicht verwirklicht, da sich der Beklagte mit seiner Forderung vom 19.01.2022 nicht durchzusetzen vermochte und eine Versuchsstrafbarkeit nicht gegeben ist. Darüber hinaus unterfällt der – nicht schlüssig, s.o. – geltend gemachte Schaden (Stillstandskosten) nicht dem Schutzbereich der §§ 823 Abs. 2 BGB, 291 StGB. Schutzgegenstand wäre insoweit allenfalls der Schaden aus dem wucherischen Geschäft. Dieses Geschäft ist hier jedoch weder zustande gekommen, noch macht die Klägerin insoweit einen Schaden geltend. Schließlich könnte ein kausaler Schaden im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 291 StGB überhaupt nur der – nicht konkret dargelegte – Schaden sein, der nach Erhalt des Schreibens vom 19.01.2022 entstanden ist.

7. Ob einer Haftung des Beklagten überdies entgegensteht, dass die Parteien den Nutzungsüberlassungsvertrag vom 01.02.2022 (Anlage K 5) zur Erledigung der Angelegenheit geschlossen haben, vermag vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen offen zu bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 42.500,00 EUR festgesetzt.

de_DEDeutsch