Kalte Progression – Der stille Steueranstieg und was sich 2025 ändert

🧊 Kalte Progression – Der stille Steueranstieg und was sich 2025 ändert

📌 Einleitung: Wenn der Staat mit der Inflation verdient

Viele Arbeitnehmer:innen in Deutschland erleben es Jahr für Jahr: Der Lohn steigt leicht – doch netto bleibt kaum etwas mehr übrig. Der Grund ist ein Phänomen namens kalte Progression. Dabei handelt es sich um einen verdeckten Steueranstieg, der entsteht, wenn Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen – man also real nicht mehr verdient – und dennoch in höhere Steuerklassen rutscht.

2025 will die Bundesregierung erneut gegensteuern. Durch angepasste Steuertarife und höhere Freibeträge soll der Effekt der kalten Progression entschärft werden. Was genau dahintersteckt, wer profitiert und wie groß die Entlastung wirklich ist – das lesen Sie hier.


❄️ Was ist kalte Progression?

Unter kalter Progression versteht man den Effekt, dass die Steuerbelastung steigt, obwohl die Kaufkraft gleich bleibt. Das passiert, wenn Löhne inflationsbedingt angepasst werden, aber der Einkommensteuertarif nicht im gleichen Maße mitwächst.

Beispiel:

  • Ein Arbeitnehmer erhält 4 % mehr Lohn – um die Inflation von 4 % auszugleichen.

  • Seine Steuerlast steigt aber ebenfalls, da er in einen höheren Steuersatzbereich rutscht.

  • Ergebnis: Vom Inflationsausgleich bleibt real weniger Netto übrig.

Die kalte Progression wirkt vor allem bei kleinen und mittleren Einkommen besonders deutlich, da diese stärker von den unteren Tarifstufen betroffen sind.


💶 Steuertarif 2025: Was wird angepasst?

Um diesen Effekt auszugleichen, wird der Einkommensteuertarif für 2025 inflationsbedingt angepasst. Grundlage dafür ist das sogenannte Inflationsausgleichsgesetz, das jährlich den Einkommensteuertarif an die Preisentwicklung koppeln soll.

🔹 Die wichtigsten Änderungen:

Bereich20242025 (neu)
Grundfreibetrag (ledig)11.604 €12.180 €
Grenze für Spitzensteuersatz (42 %)ca. 66.760 €ca. 70.000 €
Grenze für Reichensteuersatz (45 %)ca. 277.826 €bleibt unverändert

Die Anpassung des Grundfreibetrags sorgt dafür, dass mehr Einkommen steuerfrei bleibt. Gleichzeitig wird die Tarifkurve nach oben verschoben, sodass Steuerzahler:innen nicht unnötig schnell in höhere Steuerstufen rutschen.


📉 Wer profitiert davon?

Nahezu alle Einkommensgruppen profitieren von der Entschärfung der kalten Progression – insbesondere:

  • Beschäftigte mit Einkommen zwischen 20.000 und 80.000 €

  • Familien, die durch Kinderfreibeträge und Kindergeld zusätzlich entlastet werden

  • Rentner:innen mit Nebeneinkommen oder Renten, die steuerpflichtig sind

  • Selbstständige, die durch progressive Steuertarife stark betroffen sind

Beispielrechnung:

Eine alleinstehende Person mit einem Bruttojahresgehalt von 45.000 € spart 2025 rund 280–350 € Steuern im Vergleich zu 2024 – allein durch die angepassten Tarifgrenzen.


🧾 Warum ist das wichtig?

Ohne die Korrektur der kalten Progression würde der Staat jährlich Milliardeneinnahmen zulasten der Steuerzahler:innen erzielen, obwohl deren Reallöhne nicht gestiegen sind. Das widerspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip und sorgt langfristig für soziale Ungerechtigkeit.

Auswirkungen ohne Korrektur:

  • Realer Kaufkraftverlust trotz Lohnerhöhung

  • Mehrbelastung für Familien und Durchschnittsverdienende

  • Verzerrung der Tarifstruktur zugunsten des Staates


📌 Historische Entwicklung: Lange vernachlässigt

Die kalte Progression wurde jahrzehntelang kaum beachtet – ein „heimlicher Inflationsgewinn“ für den Staat. Erst mit dem Inflationsausgleichsgesetz 2022 wurde eine systematische Korrektur etabliert. Seitdem soll der Einkommensteuertarif jährlich überprüft und an die Preisentwicklung angepasst werden.

Die Änderungen 2025 basieren auf der Inflationsrate des Vorjahres, sodass sie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders relevant sind.


💬 Kritik und offene Fragen

Trotz der Anpassungen gibt es weiterhin Kritik:

  • Die Anpassungen erfolgen zeitverzögert, da sie auf Vorjahresdaten beruhen

  • Nicht alle Sozialleistungen (z. B. BAföG, Wohngeld) werden gleichzeitig angepasst

  • Der Solidaritätszuschlag bleibt für viele mittlere Einkommen bestehen

Einige Experten fordern eine automatische, quartalsweise Anpassung des Steuertarifs – vergleichbar mit Rentenanpassungen.


✅ Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung

Die Bekämpfung der kalten Progression ist ein zentrales Element gerechter Steuerpolitik. Mit den Anpassungen 2025 setzt die Bundesregierung ein wichtiges Zeichen – auch wenn der vollständige Ausgleich inflationsbedingter Steuerbelastung noch nicht erreicht ist.

Für Arbeitnehmer:innen bedeutet das: Mehr Netto vom Brutto, spürbare Entlastung bei kleinen bis mittleren Einkommen und mehr Transparenz in der Steuerpolitik.

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