Kalte Progression

 

Die Webseite des Bundesfinanzministeriums bietet eine umfassende Erläuterung zum Thema „Kalte Progression“ und deren Ausgleich im deutschen Steuersystem.

Grundlagen der kalten Progression

Die kalte Progression beschreibt eine schleichende Steuererhöhung, die entsteht, wenn Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führen. Dies kann dazu führen, dass Arbeitnehmer trotz Gehaltserhöhung real weniger Geld zur Verfügung haben.

Ausgleichsmechanismen

Um diesem Effekt entgegenzuwirken, passt die Bundesregierung regelmäßig den Einkommensteuertarif an:
  • Seit 2015 wird alle zwei Jahre ein Steuerprogressionsbericht vorgelegt.
  • Der Ausgleich erfolgt durch Verschiebung der Tarifeckwerte des Einkommensteuertarifs.
  • Diese Anpassung wird üblicherweise für die nächsten zwei Jahre festgelegt.

Auswirkungen und Begünstigte

Der Ausgleich der kalten Progression betrifft etwa 49 Millionen Steuerzahler in Deutschland. Besonders profitieren:
  • Familien
  • Geringverdiener
  • Arbeitnehmer
  • Rentner
Geringverdiener profitieren verhältnismäßig stärker von der Anhebung des Grundfreibetrags.

Finanzielle Aspekte

Die Anpassung des Steuertarifs führt zu Mindereinnahmen für den Staat. Als Faustregel gilt: Eine einprozentige Verschiebung aller Tarifeckwerte resultiert in jährlichen Mindereinnahmen von etwa 2,5 Milliarden Euro.

Zukünftige Entwicklungen

Für die Jahre 2025 und 2026 ist eine weitere Anpassung des Einkommensteuertarifs geplant:
  • Ab 2025: Jährliche Steuermindereinnahmen von ca. 3,4 Milliarden Euro
  • Ab 2026: Zusätzliche Mindereinnahmen von ca. 2,8 Milliarden Euro
Diese Maßnahmen unterliegen noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

 
Wie wirkt sich die kalte Progression auf die Steuerpflichtigen mit niedrigen Einkommen aus

Die kalte Progression wirkt sich besonders stark auf Steuerpflichtige mit niedrigen Einkommen aus:

## Überproportionale Belastung

Steuerzahler mit geringen und mittleren Einkommen leiden am stärksten unter der kalten Progression[1][4]. Dies liegt an mehreren Faktoren:

– Die Progressionskurve verläuft nach dem Grundfreibetrag zunächst sehr steil, bevor sie abflacht[1].
– Bereits der erste Euro über dem Grundfreibetrag wird mit 14% besteuert[1].
– Kleinere Einkommen haben ein geringeres Budget, um gestiegene Preise abzufedern[2].

## Konkrete Auswirkungen

– Bei unveränderter oder sogar gesunkener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wird eine höhere Steuerbelastung auferlegt[3].
– Aus steigenden Nominaleinkommen können real sinkende Nettoeinkommen werden[3].
– Die Kaufkraft sinkt nach Abzug von Inflation und Steuern[3].

## Beispiele für die Belastung

– Ein Ehepaar mit zwei Kindern und 25.000 Euro Jahresbruttoeinkommen wurde im Zeitraum 2011-2018 mit 8,0% (engere Definition) bzw. 37,2% (weitere Definition) der Einkommensteuer durch die kalte Progression belastet[4].
– Zum Vergleich: Bei einem ähnlichen Haushalt mit 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen betrug die Belastung nur 2,3% bzw. 5,0%[4].

Die kalte Progression verstößt somit gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, da sie gerade die einkommensschwächsten Steuerzahler am stärksten belastet[3][4].

Quellen:

[1] https://www.vlh.de/arbeiten-pendeln/beruf/kalte-progression-was-ist-das-und-wie-soll-sie-abgeschafft-werden.html
[2] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/kalte-progression.html
[3] https://www.steuerzahler.de/fileadmin/user_upload/DSi_Schrift_2__Dezember_2014_-_Abbau_der_kalten_Progression_-_Teil_einer_Steuerbremse.pdf
[4] https://www.ifo.de/DocDL/sd-2017-03-dorn-etal-kalte-progression-2-2017-02-09.pdf
[5] https://www.dihk.de/resource/blob/77006/5185adb856a7cc476df6c10881d9a504/kalte-progression-in-zeiten-hoher-inflationswirkung-data.pdf
[6] https://www.bundesbank.de/resource/blob/892962/e6af5df10b4ab41900db930f883544d7/mL/2022-06-progression-data.pdf

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